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Von Raubkopien und Ehrenkodex

In meiner Sammlung befinden sich derzeit über 4.000 spielbare Titel auf über 2.500 originalen Datenträgern. Und immer wieder lese ich Artikel zu Retro-Spielen, welche die Geschichte der Videospiele geprägt haben und die ich selbst noch nie gespielt habe. An diesem Punkt begebe ich mich auf die Suche nach den alten Klassikern und nicht selten stelle ich fest, dass diese Spiele in physischer Fassung nicht gerade billig sind. Vor allem alte DOS-, Amiga- oder C64-Spiele kosten in Box gerne mal an die 100 Euro und mehr. Hier kommt der Punkt, wo ich entscheiden muss, ob ich das Spiel für meine Sammlung oder wirklich zum Zocken haben möchte. Und genau das bringt mich zum ersten Punkt dieses Artikels: die Haltbarkeit von physischen Datenträgern.

Vor über 30 Jahren wusste noch niemand, wie sich Disketten und später CDs oder Module nach einer langen Lagerzeit verhalten würde. Dass Tonbänder und VHS-Kassetten über die Jahre massiv an Qualität verlieren, weiß man heute sehr gut. Dass aber auch CDs bei guter Lagerung und pfleglichem Umgang irgendwann anfällig werden können, ist erst in den letzten Jahren im Bereich Gaming so richtig bewusst geworden. Immer öfter lese ich von Gamern, dass deren PS1-Spiele plötzlich nicht mehr gelesen werden und nicht immer ist daran die Hardware selbst schuld. Eine Investition in ein Retro-Spiel sollte daher gut überlegt sein, soweit man auf die Funktion Wert legt, es eventuell spielen will oder sogar als Wertanlage betrachtet. Oft ist die Verpackung zwar mehr wert als das Spiel selbst und dennoch ist ein funktionstüchtiges Spiel eben mehr als ein defektes.

Vor diesem Hintergrund greife ich zunehmend zur digitalen Fassung alter Klassiker. Da lässt sich das Spiel in jedem Fall auf einem modernen PC spielen und es ist meins, wenn auch nur digital und nicht im Regal. Das Gefühl ist ohne Frage nicht das gleiche, weil alleine das Anfassen nicht funktioniert. Auch kann ich nicht durch ein liebevoll gestaltetes Handbuch blättern, aber Ich habe es gekauft. Liebend gern greife ich dabei auf den Service von God Old Games – kurz GOG – zurück. Dort sind alle Titel DRM-frei und ich kann sie mit gutem Gewissen legal auf meinem PC abspeichern und spielen. DRM steht dabei für Digital Rights Management und ist eine Art Kopierschutz. Im Vergleich zu anderen Diensten wie Steam und co. bin ich zudem nicht darauf angewiesen, dass der Service weiterhin besteht und ich irgendwann mal keinen Zugriff mehr auf mein Spiel habe. Es ist für immer meins und ich kann es ohne einen Online-Dienst installieren und spielen.

Nun stolpere ich häufig bei meiner Suche nach Retro-Titeln über Webseiten, die diese Titel kostenlos zum Download anbieten. Legale Downloads fühlen sich für mich nicht schlecht an, illegale Downloads hingegen schon sehr, da ich nach dem Ehrenkodex kein Spiel in meiner Sammlung besitzen will, was ich nicht auf legalem Wege erhalten habe. Und auch wenn man damit jede Menge Geld sparen kann, ist für mich nur ein gekauftes oder eben legal heruntergaldenes Spiel ein echter Zuwachs für meine Sammlung. Ich fragte mich also, wie so ein vermeintlicher Gratis-Download eines Spiels, was auf Seiten wie eben GOG Geld kostet, legal sein soll? Neben den klassischen Raubkopien, wie die meisten sie zuhauf aus Zeiten des C64 kennen oder den Dumps von Modulen wie etwa von SNES- oder N64-Spielen wurde ich bei den von vornherein digitalen Fassungen alter Spiele in den FAQs der Gratis-Download-Seiten fündig. Ohne Scham wird hier von einer legalen Verfielfältigung berichtet, die aufgrund des fehlenden DRM-Schutzes möglich ist. Während das Herunterladen von ROMs bei Spielen, die man besitzt, eine rechtliche Grauzone darstellt, ist die Verbreitung von DRM-freien Titeln keineswegs legal, soweit eine solche Verbreitung nicht expliziet gestattet wird. Im Falle von Spielen der Plattform GOG darf man diese Software zwar beliebig oft verfielfältigen, allerdings nur im Rahmen der eigenen, privaten Nutzung. An dieser Stelle will ich jedem Spieler selbst überlassen, wie er mit seinem Ehrenkodex umgeht.

In künftigen Artikeln werde ich dieses Thema noch mehrmals aufgreifen, auf besondere Bereiche wie Abandonware (Verwaiste Spiele) oder Lost Games (Verlorene Spiele) eingehen, aber auch konkrete Konsolen wie die Wii mit den Grenzen der Legalität unter die Lupe nehmen. Ihr dürft also gespannt sein.